Tiger [Schreiber & Leser, November 2024]

In der Taiga wurde von einem Wilderer ein sibirischer Tiger angeschossen. Dies ist die größte Raubkatze der Welt. Von ihr gibt es nur noch 500 Exemplare. In diesem Comic wird der wilde Tiger wahrhaftig zum Menschenfresser. Hier geht es nicht nur um den Tiger, sondern auch um gegensätzliche Interessen. Die chinesisch-russische Mafia kontrolliert die ansässigen Holzhändler. Dann gibt es da noch Wissenschaftler vom Tiger-Institut und Naturschützer-Gruppen. Als zentraler Handlungspunkt dient eine Dokumentation über den Lebensraum des Tigers. Letztlich geht es allen Beteiligten um ihren Vorteil, doch dem Tiger geht es nur um das nackte Überleben! Hier liegt definitiv ein grandioser Öko-Thriller vor! Unbedingt mal reinschauen.

Tiger

Das spanische Autorenteam um den Zeichner Alex Macho und den Szenaristen Gregorio Harriet sind scheinbar in Deutschland noch nicht so bekannt. Für 24,80 Euro erhält man auf 112 Seiten die Gesamtausgabe als schickes Hardcover. Im Original sind damals zwei Bände erschienen. Als Leser kann man erst einmal tief eintauchen in die kalte und raue Landschaft. So kommen mit dem Leser die handelnden Figuren ebenfalls erst einmal in der Taiga an. Langsam aber stets beklemmend und leicht bedrückend steigt die Spannung. Die Figuren werden vorgestellt und ihre Beweggründe erläutert. Die Bombe platzt, wenn der Tiger sein Blutbad beginnt. Dann geht es nur noch um das nackte Überleben und es ist äußerst spannend zu erfahren, wer alles sterben muss. Hat der Tiger überhaupt eine Chance? Wer profitiert überhaupt von diesem ganzen Chaos?

In der Taiga werden sehr viele Bäume und Hölzer nach China transportiert. Die dabei frei werdende Fläche ist wesentlich größer als die im Regenwald. Sabine Köditz war schon einmal vor Ort und hat darüber recherchiert. Nun ist sie wieder in der Taiga und möchte mit ihrem Kamerateam über den sibirischen Tiger berichten. Ihr letzter Besuch weckt nicht bei allen Beteiligten wohlwollende Erinnerungen. Als Leser spürt man förmlich die Ruhe vor dem Sturm, wie sich der Autor und der Zeichner die Zeit nehmen, die Charaktere in stimmungsvollen Landschaftsbilder einzuführen. Ich habe mich oftmals gefragt, welche Schlüsselrolle der Tiger wohl spielt. Geschickte Intrigen werden eingefädelt. Ein Killer wird auf Sabine Köditz angesetzt. Es soll wie ein einfacher Unfall aussehen. Die kriminellen Machenschaften sollen bloß nicht weiter untersucht werden und gar an die Öffentlichkeit geraten. Sabine Köditz und ihr Kamerateam ist vielen Beteiligten ein Dorn im Auge. So steigt die Spannung und platzt mit dem Tiger, der letztlich als Rachegeist fungiert und viele Opfer auf allen Seiten fordert. So wird es gerade im zweiten Teil (Blutbad) auch recht „blutig“, wenn der Tiger zuschnappt. Ich habe mich wahrlich erschrocken, in welchem Ausmaß der Tiger als Rachegeist letztlich seine Opfer umbringt.

Es bleibt bis zum Ende spannend, wer am Leben bleibt, wer sterben muss und ob der Tiger seine Freiheit beibehalten kann. Alles zusammen ergibt einen coolen Mix mit hervorragenden Zeichnungen, welche die Kälte und die Landschaft gelungen darstellt. Die Charaktere sind nicht eintönig, aber auch nicht zu komplex mit einer tiefgründigen Hintergrundgeschichte versehen. Sie alle sind nur ein Rädchen im kriminellen Hamsterrad. Hier ist definitiv ein kleines Highlight am Start.
Vielleicht hat man an der ein oder anderen Stelle etwas anderes erwartet, etwa, dass die Menschen nicht alle vom Tiger gejagt und gefressen werden. Vielleicht hat man die Erwartungen und den Fokus mehr auf die menschlichen Ereignisse rund um die kriminellen Machenschaften gelegt, aber lasst euch überraschen, denn der Tiger spielt in diesem Band eine drastische Schlüsselrolle.

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