Art Spiegelman – Ein Ausnahmekünstler

Art Spiegelman ist einer der wenigen Künstler die mit einem Genre, welches in der Allgemeinheit leider nur allzu oft belächelt wird, einen weltweit sehr hoch angesehenen Preis erhalten hat.

Die Rede ist vom Pulitzer Preis und von Art Spiegelmans Meisterwerk „Maus“.


Doch wer jetzt bei „Maus“ gleich an Micky Maus & Co. denkt, den muss ich enttäuschen. Spiegelmans Maus ist ganz anders und weitaus mehr als das was Micky Maus jemals sein könnte. Mit „Maus“ hat Spiegelman nicht nur einen Comic erschaffen der die Grenzen dessen, was jeder von Comics denken mag, erweitern wird und vor allem wird es einen berühren.

Die vollständige Maus

Wladek Spiegelman ist ein Überlebender des Holocaust. Art Spiegelman ist sein Sohn, der hier erzählt was seinem Vater in seiner Jugend wiederfahren ist.
Am Anfang ist Wladek noch ein cleverer Verkäufer, der sich mit der Hilfe der Familie eine eigene Fabrik aufbaut. Als dann jedoch Hitler an die Macht kommt und seinen „Säuberungsfeldzug“ beginnt, beginnt auch für Wladek, seine Familie und seine Frau Anja die schlimmste Zeit ihres Lebens. Anfangs sind die Veränderungen im Leben der Juden noch vergleichsweise „harmlos“. Enteignung, Katalogisierung und Eingrenzung bestimmen die nächste Zeit, dann folgen die ersten Verhaftungen, Morde und Verhöre.
Nur wenig später werden sie zusammengetrieben in die Ghettos, um dann von dort weiter in Arbeitslager geführt zu werden, bevor sie in den Konzentrationslagern landen. Wladek und seine Frau Anja haben bis dahin schon viele Schicksalschläge erleiden müssen. Eltern und Großeltern sind verstorben oder getötet worden und auch vor den eigenen Kindern wurde nicht halt gemacht. Das schlimmste jedoch stellt die Zeit im Konzentrationslager für Wladek und Anja dar.
Zwar sind sie gemeinsam in Auschwitz gelandet, jedoch ist Wladek im kleineren Arbeitslager der Anlage, während Anja knapp 3 Kilometer entfernt in Birkenau „untergebracht“ ist.
Dann zeichnet sich langsam das Ende des Krieges ab, als Wladek mit anderen Juden an der Schweizer Grenze gegen Kriegsgefangene Deutsche ausgetauscht werden sollen…

FAZIT:

Spiegelman scheut sich nicht die Greueltaten unverfälscht, so wie sie sein Vater erlebt hat, wiederzugeben. Er nutzt dafür die Tierwelt um seine Personen zu charakterisieren.

Die Juden sind Mäuse und die Deutschen sind Katzen, Polen sind Schweine, Franzosen Frösche und Amerikaner Hunde. So versucht er anfangs klare Grenzen zwischen den Gruppen zu ziehen, die jedoch im Verlauf der Erzählung immer weiter verwischen. So ist Arts Freundin eigentlich Französin wird jedoch als Maus dargestellt, da sie weit mehr Bezüge zu den Juden als zu den Franzosen aufweist und für Arts Vater Wladek sogar zum Judentum konvertiert ist.

Art Spiegelman erzählt das ganze verpackt in die Tragödie der letzten Lebensjahre seines Vaters. Hierbei achtet er besonders darauf auch zu zeigen was diese Ereignisse aus seinem Vater für einen Menschen gemacht haben, mit allen Ängsten und Psychosen.
Auch Arts eigene Probleme treten hierbei gegen Ende immer weiter in den Vordergrund, Fragen und Ängste über sein Handeln im Zusammenhang mit seinem Werk Maus, die einfallende Meute an Kapitalisten die mit der Tragödie seines Vaters Geld scheffeln wollen, und das immer weiter splitternde Verhältnis zu seinem Vater. So stellt dieses Buch in meinen Augen nicht nur eine Erzählung des dritten Reiches und der Verbannung der Juden dar, sondern auch eine Beziehungstragödie zwischen Vater und Sohn.

Es gibt noch so viel mehr über Spiegelmans 1992 mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnetes und umfangreichstes, sowie bis dato bewegendstes Meisterwerk zu erzählen, doch das Beste ist es immer noch selbst in die tragische und bewegende Welt um den Überlebenskampf von Wladek Spiegelman einzutauchen.

Art Spiegelmans Maus erschien in zwei Bänden beim Rowohlt Verlag,

Maus – Die Geschichte eines Überlebenden,
Band 1: Mein Vater kotzt Geschichte aus


Maus – Die Geschichte eines Überlebenden,
Band 2: Und hier begann mein Unglück

sowie gesammelt in einem Band beim Fischer Verlag.

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Ausserdem gibt es eine Fassung von der Bundeszentrale für politische Bildung welche in Zusammenarbeit mit dem Fischer Verlag erschien.

Auch Art Spiegelmans neuestes Werk befasst sich wieder mit ergreifenden Geschichtsereignissen. Denn diesmal spielte sich das wohl prägendste Ereigniss des noch jungen neuen Jahrtausends direkt in Art Spiegelmans Nachbarschaft ab, als genau am 11. September 2001 zwei Flugzeuge in die Türme des World Trade Centers rasten.

Im Schatten keiner Türme

Dieses Erlebnis verarbeitet Spiegelman in der im September 2011 erschienen Graphic Novel „Im Schatten keiner Türme“. Hier erzählt er als eine Art Augenzeugenbericht das, was die ganzen Reportagen, Kino und TV-Filme nicht darstellen können.

Spiegelman erzählt alles, was er erlebt und gesehen hat und schafft dies mit genau derselben Eindringlichkeit, welche schon „Maus“ ausgezeichnet hat.
Dabei verzichtet er weitgehendst auf die sich immer wiederholenden Bilder welche bereits aus dem Fernsehen und der Printberichterstattung bekannt sind, und setzt die „verletzten“ Türme nur ein um Emotionen oder Dramatik zu verdeutlichen.

Spiegelman will bewusst keine sich wiederholende Erzählung dessen präsentieren, was monatelang sämtliche Fernsehsender und Zeitschriften aus der ganzen Welt getan haben, sondern er zeigt wie das Ereignis auf ihn und die Personen aus seinem direkten Umfeld gewirkt haben.

Er zeigt wie ohnmächtig er, und fast ganz Amerika, sich fühlte, in dem Kampf zweier Mächte, von denen jeder glaubte der überlegenere Part in diesem „Spiel“ zu sein.

„Im Schatten keiner Türme“ erschien im September 2011 im Atrium Verlag.


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