Epsilon hat nicht nur einen charismatischen Kommissar im Programm in diesem Jahr, sondern auch märchenhafte Abenteuer im Dschungel zu bieten. Das suggeriert zumindest der Titel und das Cover von „Das letzte Dschungelbuch“. Immerhin bedient es sich dem Meisterwerk von Rudyard Kipling und das ist schon ein ganz schöner Brocken. Also wie geht man es am Besten an, um diesem Werk gerecht zu werden, ohne Dinge zu erzählen, die schon tausendmal erzählt wurden?

Das letzte Dschungelbuch
[Epsilon, Mai 2015]

Ganz einfach. Man setzt in der Zukunft an. Mowgli ist ein alter Mann und kehrt nach langer Zeit in seine Heimat zurück. Auf dem Weg dorthin erinnert er sich daran, wie er zu den Wölfen kam und wie er sich gegen seinen Gegner, den Tiger Shir Khan, auch Hinkefuß genannt, zur Wehr gesetzt hat. Wie er das Leben zwischen den Wölfen, deren Regeln und das Überleben im Allgemeinen erlernte, und was jetzt von seiner alten Heimat noch übrig ist.

Wer Rudyard Kiplings Meisterwerk um den kleinen Waisenjungen Mowgli kennt, der bei den Wölfen aufwächst und dies hier in einer Nacherzählung erwartet, der wird ein wenig enttäuscht sein. Denn weder auf die Originalvorlage noch auf das mindestens ebenso bekannte Disney-Meisterwerk nimmt Stephen Desberg wirklich Bezug. Stattdessen gibt es ein dramatisches Werk, dass sich vorrangig um den Vormarsch und die Brutalität des Menschen gegen die Natur, die Tier- und Pflanzenwelt, dreht. Desberg stellt die Zerstörungswut des Menschen in den Vordergrund und umrahmt ihn lediglich mit Kiplings Geschichte. Dennoch gibt es viele Szenen, in denen man die Handlung aus dem allseits bekannten Dschungelbuch wiederfindet.
Für die visuelle Umsetzung dieses Themas ist Zeichner Henri Reculé verantwortlich, der es sehr gut schafft die Landschaften nicht nur malerisch und romantisch, sondern auch bedrückend und realistisch darzustellen. Aber auch die Tiere sind sehr gelungen. Trotz einer möglichst realen Darstellung schafft es Reculé ihnen nur dank einer sehr ausdrucksstarken Mimik Leben einzuhauchen. Unterstützt wird er dabei von Johan De Moor, der für die Tusche und Farbgebung verantwortlich zeichnet.

Wie auch Splitters „Die Schöne und das Biest“ ist „Das letzte Dschungelbuch“ einer der Schätze des diesjährigen Gratis Comic Tages und ich denke ich werde mal bei Epsilon nachfragen wegen eines Rezensionsexemplares, nur um zu schauen, ob sich die Qualität auch in den weiteren Kapiteln fortsetzt. Wenn ich eine Zusage bekommen sollte, dann lest ihr es auf jeden Fall hier auf dem Blog.