Die Adoption [Splitter, August 2017]

Auf diesen Band bin ich genaugenommen erst durch den Newsletter von Splitter aufmerksam geworden. Die Zusammenfassung, die dort geschrieben stand, hat sofort mein Interesse geweckt und ich dachte mir: „Das musst du auf deinem Blog vorstellen.“ Also habe ich freundlich bei Splitter angefragt und am vergangenen Freitag den Band dann auch schon per Post erhalten. Und nun? Was soll ich euch sagen. Schon zwei tage später ist dieses Review hierzu online …

Die Adoption

Autor: Zidrou
Zeichner: Arno Monin
Format: Hardcover/Album
Umfang: 72 Seiten
Inhalt: L’Adoption: 1. Qinaya
Verlag: Splitter Verlag
Preis: 16,80 Euro

Ein Erdbeben in Arequipa in Peru verändert das Rentnerleben von Gabriel und seiner Frau Rysette auf dramatische Weise. Denn kurz nach diesem tragischen Ereignis, mit dem das Pärchen bisher keinerlei Berührungspunkte hatte, kommt ihr Sohn Alain mit seiner Frau aus Peru zurück und haben ein kleines vierjähriges Mädchen adoptiert, dass in dieser Naturkatastrophe seine Eltern verloren haben soll. Der ehemalige Metzgermeister Gabriel ist misstrauisch und von Natur aus eher ein Brummbär. Daher hält sich seine Freude über die kleine Qinaya auch in Grenzen, während seine Frau Rysette die frischgebackene Enkeltochter mit allerlei Geschenken überhäuft. Doch mit der Zeit beginnt auch eher das kleine Mädchen zu lieben, bis an seinem Geburtstag das Schicksal eine unerfreuliche Wendung nimmt …

Qinaya kommt in Frankreich an …

Eigentlich ist es ein altbekanntes Thema. Ein mürrischer Mensch wird durch eine ganz besondere Person aus ihrem bisherigen Lebensmuster gerissen. Das ist nichts Neues und wurde bereits mehrfach, mal mehr und mal weniger erfolgreich, umgesetzt. Was also sollte der Grund sein, sich diesen Band zuzulegen und ihn zu lesen? Nunja, das ist ganz einfach. Weil Gabriel und Qinaya einfach ein liebreizendes und sehr charmantes Paar sind. Schon auf den ersten Seiten, Gabriel wirkt noch sehr grimmig und missgestimmt, beginnt man diese Person trotz, oder vielleicht gerade wegen seines Charakters, in sein Herz zu schließen. Hinter seinen zynischen und bärbeißigen Kommentaren versteckt er ein großes und einfühlsames Herz, was man auch an den Reaktionen seiner Frau Rysette sehr gut erkennt. Diese hat nämlich meist nur ein freches und süffisantes Grinsen für seine Eskapaden übrig.
Tja, und dann wäre da die kleine Qinaya. Obwohl sie kaum spricht, immerhin kann sie zu Beginn noch kein Französisch und muss es erst Stück für Stück lernen, sich zu artikulieren. Aber ein vierjähriges Kind schafft das auch ohne die jeweilige Landessprache, weil es eine Universalsprache beherrscht. Die Liebe!

Gabriel ist nicht der Einzige, der misstrauisch ist …

Autor Zidrou legt hierbei seinen Fokus gezielt auf das kleine Mädchen und seinen „Großvater“ und erschafft so eine generationsübergreifende Geschichte über Liebe, Verständnis und Kommunikation. Bevor ich aber nun zu den Zeichnungen komme, möchte ich noch auf zwei bedauerliche, aber kleine Fehler aufmerksam machen. Das Erste wäre eine für mein Empfinden etwas unglückliche Formulierung, die mir so nicht bekannt ist und arg hölzern wirkt. Im Verlauf des Gespräches mit seiner Frau Rysette äußert sich Gabriel über seinen Sohn Alain wie folgt: „Ein Leben langen Tag die Nase in Papierkram stecken!“ und meint damit, dass er ein Problem damit hat, dass er eher ein Theoretiker als Praktiker ist. Statt also wie sein Vater im Metzgerhandwerk sein Geld zu verdienen, ist Alain ein Büromensch geworden, womit er nicht wirklich einverstanden ist. Vermutlich ist hier eher die Aussage „Den lieben langen Tag die Nase in Papierkram stecken!“ gemeint, da dies in diesem Zusammenhang für mein Empfinden mehr Sinn ergibt und flüssiger zu lesen wäre. Okay, und dann wäre da der Text auf der Rückseite des Buches, der auf den Band einstimmen soll. Hier wird aus Oma Rysette einfach Lynette gemacht. Dabei ist Lynette Alains Frau und die Adoptivmutter der kleinen Qinaya und nicht deren „Verwöhn-Oma“, wie es in besagtem Text steht. Dies sind zwar nur Kleinigkeiten, die aber das Gesamtbild dennoch ein wenig stören. Dem Lesespaß tut dies aber zum Glück kaum einen Abbruch.

Sein Zynismus ist der beste Schutz für Gabriel

Doch nun zu den Zeichnungen. Diese stammen aus der Feder, oder besser gesagt dem Bleistift, von Arno Monin, der bisher noch keine deutschsprachige Veröffentlichung vorweisen kann und auch erst auf drei Serien/Reihen, oder wie auch immer. Dazu zählen „L’envolée sauvage“ (4 Bände von 2006-2013), „L’enfant maudit“ (2 Bände, 2009-2012), „Merci“ (Einzelband, 2014) und das hier vorliegende „L’Adoption“ (2 Bände). Doch genug der Vorrede. Wollen wir uns einmal die Zeichnungen genauer ansehen. Und hier zeigt sich sehr gut, warum Splitter das Albumformat favorisiert hat. Denn die skizzenhaften Zeichnungen kommen mit ihren feinen Strichen auf diesen großen Seiten so erst richtig zur Geltung. Während die Landschaften und Hintergründe bewusst real gehalten wurden, sind die Menschen stark karikiert. Es werden wichtige Züge dominanter dargestellt, auch um Emotionen besser übertragen zu können und stellenweise erinnert das Charakterdesign an Disneys Kinohit „Oben“. Auch die dezente und dennoch lebendig frische Farbgebung mit Aquarellfarben trägt ihren Teil zu der überwiegend fröhlich lockeren Stimmung des Bandes ein. Erst auf den letzten Seiten wird es dunkler und kühler, auch wegen der sich schlagartig veränderten Situation und um deren Auswirkung auf den Leser zu verstärken.
Zusätzlich enthält der Band noch einen Bonusanhang mit ein paar Skizzen, Figurenentwürfen und ganzseitigen Pin-Ups, welche das Leseerlebnis abrunden.

Auch im Kindergarten wird die 4-jährige Qinaya liebevoll aufgenommen

„Die Adoption, Band Nr. 1: Qinaya“ ist genau das, was ich erwartet habe. Eine einfühlsame und humorvolle Geschichte über zwei grundverschiedene Menschen, die mich berührt und erheitert. Denn genau das wird bereits durch das Titelbild signalisiert, auf dem sich Gabriel und die kleine Qinaya gegenüberstehen. Während er relativ hilflos und resigniert wirkt, ist sie neugierig, aber zurückhaltend.
Auch wenn die Handlung nun nicht alltäglich und durchaus bekannt ist, kann ich den Band dennoch guten Gewissens weiterempfehlen, da er einfach sehr viel Spaß macht und berührt. Mir hat es auf jeden Fall so gut gefallen, dass ich den zweiten Band definitiv auf meine Liste setze, weil ich unbedingt erfahren möchte, wie es mit Qinaya und ihrem Achachi (peruanisch: „Großvater“) weitergeht.

Gabriel und seine Freunde Gerald und Gaston. Zusammen sind sie die „Geges“ …

Copyright aller verwendeten Bilder © 2016-2017 Bamboo Édition / Zidrou / Monin / Splitter Verlag

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