Comicadaptionen von Romanen sind ein zweischneidiges Schwert. Entfernen sie sich zu weit von der Romanvorlage, eben um etwas eigenständiges zu sein, verlieren sie oft. Sind sie hingegen zu nah an der Vorlage wirft man ihnen vor eine reine Kopie zu sein, ohne irgendwelche Innovationen. Daher ist es oft schwierig, sich mit solchem Material, erst recht wenn es sich um Klassiker wie jene von Herbert George Wells handelt. So ist „Die Insel des Dr. Moreau“ schon auf verschiedenste Weißen adaptiert und persifliert worden, auch Comics gab es schon einige, aber, so fanden zumindest Autor Ted Adams und Zeichner Gabriel Rodríguez, noch nicht in angemessener Art und Weise. Ich möchte euch heute nun die neueste Adaption, in den USA bei IDW Publishing erschienen, vorstellen und zeigen, dass und weshalb es sich durchaus lohnt, diesen Band zu kaufen …
Die Insel des Dr. Moreau
Autor: Ted Adams, Gabriel Rodríguez
Zeichner: Gabriel Rodríguez
Format: Hardcover
Umfang: 108 Seiten
Inhalt: H. G. Wells’ The Island of Dr. Moreau 1-2
Verlag: Panini Comics
Preis: 25,00 Euro
Aufgrund eines tragischen Schiffsunglücks landet die junge Biologin Ellie Prendick auf einer mysteriösen Insel. Hier scheint der verstoßene Wissenschaftler und Mediziner Dr. Alphonse Moreau seine abscheulichen Tierversuche weiterzuführen. Offenbar ist er inzwischen so weit gekommen, dass es ihm möglich ist Hybride aus Menschen und Tieren zu erschaffen. Doch trotz aller Kontrolle und verliehener Intelligenz können die „Tiermenschen“ ihre Instinkte nicht unterdrücken und für Ellie beginnt ein Kampf ums Überleben …
Ja, mit Romanadaptionen ist das schon so eine Sache. Wie bereits erwähnt, ist es nicht einfach, da einfach viel zu viele Dinge positiv, vor allem aber negativ darauf einwirken können. Ted Adams und Gabriel Rodríguez haben sich weitgehend an das Werk von H.G. Wells gehalten, aber trotzdem kleine und dennoch merkliche Änderungen vorgenommen. Das ich hier jetzt nicht auf alle eingehen kann und werde, mag jedem Leser klar sein, da ich niemandem hier die Spannung nehmen möchte. Einzige Ausnahme ist die der weiblichen Hauptprotagonistin, die in Wells Original ein Mann war. Auch anmerken möchte ich die leicht gestraffte Handlung, was der Comicadaption aufgrund ihrer visuellen Unterstützung aber sogar zugute kommt. Neben diesen und den vielen kleinen anderen Anpassungen erwartet auch Kenner des Klassikers viel Neues, sodass sich ein Blick definitiv lohnt.
Ebenso lohnt es sich Zeit zu nehmen, für die wundervollen und sehr detaillierten Zeichnungen von „Locke & Key“-Starzeichner Gabriel Rodríguez. Durch kleinste Feinheiten verliert man sich immer wieder in deren Schönheit, entdeckt eigentlich „unwichtige“ Nebensächlichkeiten im Hintergrund oder ist begeistert von der Anatomie der Tiermenschen, die meist faszinierend und weniger grotesk wirken. Zwar ist Wells Roman eine Fantasy-Horror-Geschichte, die auch in der Comicadaption einiges an Greuel zu bieten hat, aber hier findet die Furcht, trotz aller Details im nicht sichtbaren Spektrum statt. Besonders faszinierend ist die Erzählweise Rodríguez‘, der die ganze Geschichte in Doppelseiten erzählt, was laut seiner eigenen Aussage eine unglaubliche Herausforderung darstellte.
Die immense Mühe, die Rodríguez in seine Arbeiten gesteckt hat, werden im zweiten Teil des 108 Seiten starken Hardcovers mit teilspotlackiertem Cover sichtbar. Hier findet sich die gesamte Graphic Novel noch einmal in ihrer Rohform, als blaue Bleistiftzeichnungen ohne Text. Für manch einen mag das wirken, als wollte man den band mit mehr Umfang einfach nur teurer machen, aber wenn ich ehrlich bin haben mich die Bleistiftzeichnungen dazu verleitet, sie mit den endgültigen Arbeiten zu vergleichen, wodurch mir noch einige Änderungen aufgefallen sind, abgesehen davon, dass die Bleistiftoriginale mit noch einmal wesentlich mehr Details aufwarten können. Zudem wurde der Band noch mit einem sechsseitigen Gespräch zwischen Adams und Rodríguez ausgestattet, der einen informativen Blick in die Entstehung ermöglicht.
Zusammenfassend bleibt mir daher nur noch zu sagen, dass diese Adaption den gefährlich Spagat gewagt und geschafft hat, einen Klassiker würdig neu zu interpretieren, ihn zu ehren, in ein frisches Gewandt zu stecken und dennoch etwas eigenständiges zu repräsentieren. Freunde und Fans des Klassikers können trotz der Anpassungen getrost zugreifen, und wer das Original noch nicht kennen sollte, findet eine faszinierende und zum nachdenken anregende Geschichte, in einer wunderbaren Aufmachung mit tollem Bonusmaterial, für einen angemessenen Preis.
Copyright aller verwendeten Bilder © 2019-2020 IDW Publishing / Panini Comics
Partnerlinks:
„Die Insel des Dr. Moreau“ bei Panini bestellen.
„Die Insel des Dr. Moreau“ bei Amazon bestellen.