17. Juni – Die Geschichte von Armin und Eva [Metrolit, Mai 2013]

Heute gibt es eine ganz besondere Review. Besonders, in mehrfacher Sicht. Denn zum einen behandelt sie ein Thema, welches gerade in Ostdeutschland viele Menschen bewegt hat, oder sogar noch bewegt. Zum anderen stammt die hier besprochene Ausgabe von einem kleinen Verlag, der bisher noch nicht wirklich für Graphic Novels, oder auch Comics genannt, bekannt war. Doch nachdem ich diesen Band auf Nachfrage als Rezensionsexemplar erhalten habe, kann ich ihn auch euch nur wärmstens ans Herz legen, wenn ihr etwas außergewöhnliches sucht …

17. Juni – Die Geschichte von Armin und Eva

Westberlin 1990. Der Fall der Mauer liegt gerade ein paar Monate zurück, als es an der Tür von Eva Katz läutet. Verwundert darüber, dass sie eigentlich keinen Besuch erwartet, öffnet sie die Tür. Vor ihr steht ein ihr Unbekannter, der sich als Artjom Semjonow zu erkennen gibt. Er überreicht Eva ein Foto, welches in ihr sofort Bilder aus der Vergangenheit hervorruft. Auf dem Bild sind sie und ihr damaliger Verlobter Armin Mahlke zu sehen. Und eigentlich wollten die beiden heiraten. Doch dazu kam es nie, denn Armin verschwand kurz nach dem 17. Juni 1953. An diesem Tag fanden in der gesamten DDR die Arbeiteraufstände statt, und Armin wurde als einer der Rädelsführer verhaftet. Erst jetzt erfährt Eva aber die gesamte Wahrheit, die damals ihr Cousin, der Reporter Eddi Kahlow nicht vollständig aufdecken konnte …

Alles beginnt und endet hier: Westberlin

Alles beginnt und endet hier: Westberlin

2013 jährte sich der Jahrestag der blutig niedergeschlagenen Aufstände bereits zum 60. Mal. Und noch immer gibt es Menschen, die von den damaligen Unruhen nichts wussten, oder es aber einfach nicht wahrhaben wollen und lieber verschweigen. Deshalb und um diesen Teil der ostdeutschen Geschichte nicht irgendwann zu verlieren haben sich Alexander Lahl, Tim Köhler und Max Mönch zusammengetan und diese zwar fiktive, aber auf historisch wahren Begebenheiten beruhende Geschichte zu Papier gebracht. Mit dramatischen Worten und einer eindringlichen Erzählweise werden die Ereignisse aus dem Sommer 1953 aufgearbeitet. Dabei gleitet die Story niemals in den Kitsch ab und arbeitet auch historische Fakten ein, ohne zu langweilen.

Der Beginn des Aufstandes.

Der Beginn des Aufstandes.

Für das Artwork, welches durchaus gewöhnungsbedürftig ist, zeichnet sich die 1960 geborene, Berliner Künstlerin Kitty Kahane verantwortlich. Kahane hat bereits einige Ausstellungen und Veröffentlichungen vorzuweisen und war unter anderem auch als Produktdesignerin für Volkswagen tätig. Für „17. Juni“ wählte sie einen skizzenhaften Stil aus Bleistift und Kohlezeichnungen. Die Figuren sind minimalistisch und besitzen gerade genug Details um sie wiederzuerkennen und auseinanderhalten zu können. Gleiches gilt für die Szenarien und Landschaften. Auch diese kommen mit gerade einmal so wenigen Details daher, dass sie dennoch aus dem Berliner Stadtbild wieder erkannbar sind. Und trotzdem fügt sich das Artwork nahtlos in das Gesamtbild ein.

Massen werden mobilisert.

Massen werden mobilisert.

FAZIT:

Ein außergewöhnliches Buch über ein geschichtliches Ereignis, welches wohl leider nur sehr wenig Anklang finden wird. Die Geschichte an sich betrifft in der Gesamtheit zu wenig Menschen, auch wenn sie spannend inszeniert ist und mit historischen Fakten aufwarten kann. Anders als so manche Hollywoodverfilmung, wie zum Beispiel Pearl Harbour oder Titanic, die sich einem geschichtlichen Thema annimmt und dann im eigenen Pathos ertrinkt, versucht dieser Band authentischer und geradliniger zu sein. Das Ziel ist damit auch durchaus erreicht, nur leider ist er dadurch auch weniger ansprechend für eine größere Zielgruppe.
Dennoch sollte jeder, der sich auch nur annähernd mit der Geschichte des geteilten Deutschlands auseinandersetzt, dem Buch eine Chance geben. Denn dieses hat weitaus mehr zu bieten, als ein robustes Hardcover und eine solide Verarbeitung. Nämlich eine Geschichte, die Schicksale widerspiegelt, aus einer Zeit, die bald schon vergessen sein wird. Und die nicht die mediale Präsenz eines zweiten Weltkrieges hat, und auch niemals haben wird, aber dennoch genug Menschen, zumindest im Ostteil Deutschlands, betroffen hat, und so manche noch immer betrifft.

Gealt ist keine Lösung. Doch damals schien das keiner zu wissen.

Gewalt ist keine Lösung. Doch damals schien das keinen zu stören.

Copyright aller verwendeten Bilder © 2013 Walde + Graf bei Metrolit

Gratis Comic Tag 2012 (Reviews Teil 10) – Die Comics von Holzhof und Schreiber&Leser

Heute gibt es die vorletzte Review zu den Gratis Comic Tag Ausgaben dieses Jahres. Morgen folgt dann das große Finale und noch immer gilt, wenn ihr wollt das ich eine Zusammenfassung mache (oder eben auch nicht) dann postet es einfach unten in die Kommentare oder mailt mir (Mailadresse findet ihr im Impressum dieses Blogs). Aber nun geht es erstmal um die Ausgaben vom Holzhof Verlag und von Schreiber & Leser…

Holzhof Comix #2 (Gratis Comic Tag 2012)

Alwin arbeitet als Page in einem Hotel und verursacht durch seinen Arbeitseifer leider ein kleines Missgeschick, als er drei Koffer verliert und diese dummerweise auf einem Mülllaster landen. Nun muss Alwin die Koffer schnellstens wiederbesorgen…
Als nächstes erwacht durch eine Reihe von Zufällen der kleine Kobold Gabelfuss und findet sich in einer Welt wieder die er nicht mehr wiedererkennt. Eine Müllhalde, ein Stausee und was er aber noch gar nicht weiß, ist die Tatsache das er der letzte seiner Art ist…
Danach gibt es ein paar Abenteuer von Rolf und Robert die ihr Leben in der DDR schildern. Sei es das Altstoffsammeln um eine Angelrute kaufen zu können, oder die Vorbereitungen auf einen Fahrradausflug mit der gesamten Klasse…
Als letztes tauchen (wie schon im Gratis Comic von 2011) die Virtonauten von Remory auf. Diesmal im England Ende des 19 Jahrhunderts. Jack the Ripper ist gerade verschwunden und die drei entdecken durch Zufall das Labor von Professor Phillius Wombelrata, dem Erfinder des Virtomaten…
Die allerletzte Seite ist diesmal Schwarwels Schweinevogel gewidmet der glaubt einen neuen unbekannten Planeten entdeckt zu haben…
FAZIT:
Auch dieses Jahr ist das Heft vom Holzhof-Verlag eine bunte Mischung an klassischem Material aus DDR-Zeiten und aktuellem Material. Dabei gefällt vor allem das neben den Abenteuern von Rolf und Robert auch die beiden klassischen DDR-Figuren Otto und Alwin wieder neue Abenteuer erleben. Für mich als alter Ossi ist es immer wieder sehr schön zu sehen wie Sachen die früher in der „Zone“ erfolgreich waren, noch immer ihre Liebhaber finden.
Aber auch das neue Material ist sehr humorvoll und weiß mit gelungenen Zeichnungen zu überzeugen. Wobei mir davon der kleine Kobold Gabelfuss noch am besten gefiel. Mit den Virtonauten von Remory werde ich irgendwie nicht so richtig warm, auch wenn sowohl Story als auch Zeichnungen nicht schlecht sind.
Zusammenfassend wieder ein gelungenes Heft mit ein paar kleinen Längen und sehr viel Humor, den man stellenweise aber auch mögen muss.

Cosa Nostra: Die schwarze Hand (Gratis Comic Tag 2012)

Es ist Anfang des zwanzigsten Jahrhunderts. East Side von Manhattan, New York. Später würde dieses Viertel als Little Italy bekannt werden. Leonardo Teresi, den alle nur Bricks nennen wegen seiner roten Haare, ist ein aufgeweckter Junge der alles was auf der Strasse passiert mitbekommt. Und so entgeht es ihm auch nicht als ein verzweifelter Kupferschmied, Alfredo Morici, den Block regierenden Don Giuseppe aufsucht, weil er einen Brief erhalten hat in dem er 2000 Dollar zahlen soll, oder seine Familie würde ermordet werden.
Doch nicht nur Bricks hat Interesse an dem Geld. Diese Information macht sehr schnell die Runde und bald gibt es kaum jemanden der es nicht auf das Geld abgesehen hat…
Danach wird in einer sehr eindrucksvollen 6-seitigen Kurzgeschichte geschildert wie schnell die amerikanische Mafia Probleme lösen kann. Diesmal ist Louis „Pretty“ Amberg an der Reihe „gelöst“ zu werden…
FAZIT:
„Cosa Nostra“ schildert auf sehr eindrucksvolle Weise und mit sehr bewegenden Bildern wie es im Amerika (vorrangig New York) des beginnenden 20 Jahrhunderts voranging, als sich die verschiedensten Völker in diesem Land der Träume und Hoffnungen niederliessen. Das es nicht immer freundlich war und sehr oft nur rohe Gewalt regierte wird ebenso schonungslos geschildert wie die kleinen fröhlichen Momente des Erfolges oder Sieges. Manchmal bedarf es auch einfach nur eines bisschen Glücks.
David Chauvel und Erwan Le Saëc bilden die damalige Zeit sehr naturgetreu wieder. Die Zeichnungen sind gelungen und stimmungsvoll und die Farbgebung, welche sich vorrangig im roten und braunen Spektrum bewegt, untermalt die Emotionen sehr gut. Gewalt wird zwar ebenso nicht ausgeklammert, aber es wird wenigstens nicht explizit dargestellt. So wird einiges noch der Fantasie des Lesers überlassen.
Zusammenfassend ist „Cosa Nostra“ ein tolles Heft das ein eindrucksvolles Zeugnis der Zeit um die vorletzte Jahrtausendwende und den Beginn der italienisch/amerikanischen Mafiakultur darstellt.

Meine vorletzte Gratis Comic Tag-Review und auch heute danke ich nochmals dem Comic Attack in Erfurt für die freundliche Bereitstellung dieser 30 Gratis Comic Tag-Hefte.