Asterix Review Special (63): Die hysterischen Abenteuer von Isterix

Das heutige Special fällt relativ kurz aus, was mehrere Gründe hat. Der Hauptgrund ist jedoch, dass es keine offizielle Lizenz von Les Editions Albert René hat, und Albert Uderzo zusammen mit René Goscinnys Tochter Anne gegen diese Veröffentlichung vorging. In diesem Special möchte ich daher einen kurzen Einblick in dieses Verfahren geben, die verschiedenen Entscheidungen und zum Schluss natürlich auch das Werk an sich vorstellen und rezensieren.

„Die hysterischen Abenteuer von Isterix“ erschien 1989 zum 30. Geburtstag von Asterix beim Saga Verlag von Hans Gamber in Deutschland. Dieser veröffentlichte zu jener Zeit bereits andere Parodien und Persiflagen, wie zum Beispiel: „Playbock“, „Dr. Spiegel“, „Tunte“, „Cosmopuritan“ oder auch „Parody R. Hodan“. Man könnte also sagen, dass Hans Gamber einiges an Erfahrung mit solchen „Veröffentlichungen“ vorweisen konnte. Doch was sich dann um diesen eigentlich als eine Art Danksagung, Hommage, Persiflage entwickelte, konnte selbst er nicht vorhersehen. Immerhin bediente sich Gamber einer bereits zuvor in Frankreich unter dem Titel „Les invraisemblables aventures d’Istérix“ veröffentlichten Sammlung. Und so kam das Album, angereichert mit Arbeiten einiger namhafter deutscher Comickünstler und einer Auflage von 150.000 Exemplaren in den Handel, wovon bis zu Prozessbeginn auch etwa 60.000 Exemplare verkauft wurden.

Einige der Arbeiten die nicht in der deutschen Ausgabe enthalten sind.

Der erste Prozess fand vor dem Oberlandesgericht München statt. Dieses Urteil fiel zugunsten der Kläger Uderzo/Goscinny aus, wobei das OLG München auch jene Teile abstrafte, die in Frankreich ohne Probleme publiziert wurden. Die nächste Instanz war dann der Bundesgerichtshof, der das Urteil am 11.03.1993 vom OLG München bekräftigte, was erneut einer gewissen Ironie nicht entbehrte. Jedoch stellte der BGH auch klar, dass nicht alle Anklagepunkte rechtens waren. Eine sehr übersichtliche Auflistung findet ihr unter folgendem Link als PDF, wo auch die einzelnen Geschichten, deren Urteil und Begründung Platz finden. Zwar gab es am 07.04.1993 noch ein weiteres Urteil des Landgerichts München, welches viele der Entscheidungen des OLG München und des BGH revidierte, wobei sich das LG München sogar über das OLG München und den BGH lustig machte. So heißt es hier in der Urteilsschrift:
„Die Kammer hat aufgrund der Beweisaufnahme keinen Zweifel daran, daß das Werk des Angekl. als ein ernsthafter Versuch zur Gestaltung von Wirklichkeit in der Anschauung anzusehen ist und deshalb den Schutz der Kunstfreiheit genießt.
Bereits die Persönlichkeit des Angekl. spricht dafür, daß er nicht geistigen Diebstahl begehen will, sondern einen literarischen, künstlerischen Anspruch erhebt. Er war als Literatur-Redakteur, Bücherautor und Verlagsberater tätig, bevor er die in Deutschland offensichtlich gefährliche Tätigkeit eines Parodisten begann, indem er u. a. die Zeitschriften Playboy („Playbock“), Stern („La Stern“) und Spiegel („Dr. Spiegel“) parodistisch verfremdete. Der Versuch des Angekl., sein Talent auch an den für den Nebenkl. urheberrechtlich und warenzeichenrechtlich geschützten Comic-Figuren Asterix und Obelix zu erproben, endete für den Angekl. vorläufig mit seinem wirtschaftlichen Ruin, weil der Nebenkl. die Tätigkeit des Angekl. als plagiatorisch mißverstand und die Gerichte sich bei der Klärung der Frage, welcher Teil der in der Literaturwissenschaft als Parodie oder Satire anerkannten Werke verboten sein soll, verhedderten.“

Und noch ein paar französische Originale

Mit Verlusten von geschätzt einer Million Mark (zusammengerechnet aus den Prozesskosten, Anwaltshonoraren, Schadensersatzforderungen und dem Verkaufsverbot des Albums) führte Gambers Weg letztendlich in das Obdachlosenasyl. Zwar kündigte er immer einen Gang zum Europäischen Gerichtshof an, doch zu diesem letzten Schritt kam es nie. Stattdessen machte die Information die Runde, dass es eine außergerichtliche Einigung in Form eines Vergleichs gegeben haben soll. Über die möglichen Summen schweigt sich aber Uderzo aus und Gambers letzte Spuren verlieren sich irgendwo zwischen einem Münchner Männerwohnheim und dem kleinen pfälzischen Ort Landstuhl.

Die hysterischen Abenteuer von Isterix

In einer teils liebevollen und teils obskuren Zusammenstellung verneigen sich sowohl französische, als auch deutsche sehr bekannte Comickünstler und Wegbegleiter vor der Arbeit René Goscinny un Albert Uderzo. Egal ob als Rocker, Indianer, Mönche, Zombies, Frankenstein oder einfache Besucher in Berlin oder Moskau, jeder Künstler bedankt sich auf seine ihm ganz typische und bekannte Weise …

Seyfried und König

Schon die Liste der beteiligten Künstler zeigt, dass sich Hans Gamber nicht hat lumpen lassen, um die deutsche Ausgabe noch ein Stück weit besser zu machen. So liest man neben bekannten Namen wie Coyote, Tournaire, Chanteloup, Didier Ray und Mysius auch deutsche Größen wie Manfred Deix, Horst Haitzinger, Walter Moers, Barbara Hömberg, Detlef Surrey, Burkhard Fritsche, Berti Henning, Ralf König, Hans Kiefersauer, Gerhard Seyfried, Rainer Schwarz, Peter Fuchs, Rudi Hurzlmair und Uli Stein.
Natürlich bringt jeder seinen eigenen unverkennbaren Stil mit und sicher ist auch nicht alles jedermanns Geschmack. Einige der Persiflagen gehen nicht nur unter die Gürtellinie, sondern bohren sich noch wesentlich weiter. Doch was eine Persiflage ist, ist auch in weiten Teilen Satire und diese lebt vor allem von einer gnadenlosen Überzeichnung der Wahrheit.

Moers und Hurzlmair

So bunt wie die Stories. So abwechslungsreich sind auch die Zeichnungen. Wer bereits einige Jahre in der Comiclandschaft unterwegs ist, wird nicht sonderlich überrascht sein, über alle Stile und die teils skurrilen Artworks, die sich in diesem Band sammeln. Stellt doch jedes Werk auch irgendwo den Künstler dar und seine Intention sich zu bedanken, oder mithilfe dieser Figuren eine politische Aussage zu transportieren. Bunte Comiclandschaften, surrealistische Panels und Figuren, malerische Landschaften, geistreich pointierte Comicstrips oder einfach nur flache Kalauer in einem One-Pager. Es ist fast alles vertreten, was eine erfahrener Comicleser kennt. Und hier kommen wir auch zu einem wichtigen Punkt. Als Neuling sollte man diesen Band tunlichst meiden. Nicht nur, weil er verschreckend wirken könnte, sondern auch weil einem dann gewisse Feinheiten entgehen, die unter einer manchmal fast offensichtlichen Oberflächlichkeit versteckt sind.

Fritsche und Ritter & Weide

„Die hysterischen Abenteuer von Isterix“ ist sicher kein Meisterwerk, aber es ist eine durchaus gelungene Hommage an das Werk zweier großer Künstler. Mit einem Augenzwinkern werden hier Persiflagen kreiert, Begebenheiten satirisch auf die Schippe genommen und dennoch mit stolzem Herzen „Danke“ gesagt. Das Uderzo und Anne Goscinny dies leider nicht so sehen und dafür sogar einen Mann ruiniert haben, ist umso bedauerlicher. Denn auch wenn ich zugegebenermaßen nicht jede Geschichte gut finde und so manche wirklich arg daneben ist, selbst für meinen verdrehten Humor, so ist es dennoch eine schöne Sammlung, die sich durchaus rühmen darf, die Erste einer solchen Art zu sein. Denn immerhin folgten zwei weitere ähnliche Veröffentlichungen, die dann aber wiederum offiziell lizenziert waren.

Tournaire

Copyright aller verwendeten Bilder © 1988-2018 Saga Verlag / Editions Vents d’Quest

Die bisherigen Review-Specials:

  1. Asterix der Gallier
  2. Die goldene Sichel
  3. Asterix und die Goten
  4. Asterix als Gladiator
  5. Tour de France
  6. Asterix und Kleopatra
  7. Der Kampf der Häuptlinge
  8. Asterix bei den Briten
  9. Asterix und die Normannen
  10. Asterix als Legionär
  11. Asterix und der Avernerschild
  12. Asterix bei den Olympischen Spielen
  13. Asterix und der Kupferkessel
  14. Asterix in Spanien
  15. Streit um Asterix
  16. Asterix bei den Schweizern
  17. Die Trabantenstadt
  18. Die Lorbeeren des Cäsar
  19. Der Seher
  20. Asterix auf Korsika
  21. Das Geschenk Cäsars
  22. Die grosse Überfahrt
  23. Obelix GmbH & Co. KG
  24. Asterix bei den Belgiern
  25. Der grosse Graben
  26. Die Odyssee
  27. Der Sohn des Asterix
  28. Asterix im Morgenland
  29. Asterix und Maestria
  30. Obelix auf Kreuzfahrt
  31. Asterix und Latraviata
  32. Asterix plaudert aus der Schule
  33. Gallien in Gefahr
  34. Asterix & Obelix feiern Geburtstag
  35. Asterix & Friends (Browsergame)
  36. Asterix der Gallier (Film)
  37. Asterix (Gameboy/NES)
  38. Asterix in Novaesium
  39. Asterix und Kleopatra (Film)
  40. Asterix (SNES)
  41. Gallische Geschichten mit Asterix und Obelix
  42. Asterix & Obelix (Gameboy)
  43. Asterix erobert Rom (Film)
  44. Asterix erobert Rom – Das Buch zum Film (Album, Neuauflage)
  45. 12 Prüfungen für Asterix
  46. Asterix and The Great Rescue (Sega Mega Drive)
  47. Asterix – Sieg über Cäsar (Film)
  48. Uderzo von seinen Freunden gezeichnet
  49. Asterix – The Great Rescue (Game Gear/Master System)
  50. Uderzo – Der weite Weg zu Asterix
  51. Asterix & Obelix (SNES)
  52. Asterix bei den Briten (Film)
  53. Asterix – Streit um Gallien (Playstation)
  54. Asterix bei den Pikten
  55. Asterix – Die Trabantenstadt (3DS)
  56. Asterix in Italien
  57. Die Trabantenstadt (Limitierte Sonderausgabe)
  58. Asterix – Operation Hinkelstein (Film)
  59. Asterix bei den Belgiern (Limitierte Sonderausgabe)
  60. Asterix Review Special (60): Asterix and the Secret Mission (Game Gear)
  61. Der Papyrus des Cäsar
  62. Asterix in Amerika (Film)

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