From Hell – Ein Meisterwerk von Alan Moore

Heute möchte ich einmal etwas ausprobieren. Und zwar möchte ich eine Comicverfilmung mit ihrer Vorlage vergleichen und beides gemeinsam hier vorstellen. Wie gut ist die Umsetzung, worin unterscheiden sich Film und Comic? Auf alle diese Punkte und ein bisschen mehr, möchte ich hier eingehen …

Der passende Rahmen:

Es ist das Ende des 19. Jahrhunderts, als ein königlicher Abkömmling mit einer Frau aus der unteren Mittelschicht ein Kind zeugt. Da dies überhaupt nicht im Sinne des Königshauses ist, muss das Problem gelöst werden. Hier kommt der angesehene Arzt Dr. William Withey Gull ins Spiel. Seines Zeichens königlicher Leibarzt und angehöriger der Freimaurer. Er soll sich dessen annehmen, was er auch bereitwillig macht. Jedoch verfolgt er mit dieser Aufgabe auch eigene Ziele. Und so beginnt er, nach und nach, Prostituierte auf grausame Art und Weise zu ermorden …

Brutale, rätselhafte Morde erschüttern London.

Gleich und doch nicht gleich?

Soviel zur Grundhandlung, die in beiden Fassungen gleich ist. Dennoch gibt es merkliche Unterschiede. In beiden Fassungen gibt es die romantische Beziehung zwischen der armen Frau und dem königlichen Hause. Doch während diese Dame im Comic nur eine normale Verkäuferin für Süßwaren in einem Bezirk ist, wo auch Homosexuelle verkehren, wurde im Film daraus eine Prostituierte. Vermutlich auch, um die Verbindung zu den weiteren Damen (allesamt Prostituierte) glaubhafter darstellen zu können. Im Comic sind alle Damen miteinander befreundet, unter anderem deshalb, weil sie in der gleichen Bar des Öfteren ein Bierchen drinken. Ein weiterer Unterschied sind die Visionen. Während im Comic alleine Dr. Gull von Visionen heimgesucht wird, die eine mögliche Zukunft zeigen, welche er mit diesen Morden einläuten will, wird im Film auch Inspektor Abberline von solchen Bildern geplagt, wobei diese hier, durch seine Opiumsucht hervorgerufen, oder wenigstens verstärkt werden. Warum dies im Film implementiert wurde, erschließt sich mir leider nicht wirklich, aber ich muss zugeben, dass der Film dadurch ein gewisses Alleinstellungsmerkmal erhält.

William Gull an seinem letzten Opfer. Eddie Campbell scheut sich nicht vor der expliziten Darstellung der Gewalt.

Einen ganz merklichen Unterschied zur Comicvorlage gibt es bei der endgültigen Strafe für William Gull, nachdem er seine Taten verübt hat. In beiden Fassungen kann man den königlichen Leibarzt nicht für solch ein Verbrechen anklagen, ohne das Königshaus damit zu diskreditieren. Darum wird er durch seine Kollegen und Freunde der Freimaurer gerichtet. Im Film geschieht dies durch eine recht einfache Lobotomie. Im Comic hingegen wird Gull unter Drogen gesetzt und unter neuem Namen in ein Irrenhaus eingewiesen, in dem er auch stirbt. In seinen letzten Lebensminuten hat er auch seine allerletzte Vision. Hierin reist er durch Zeit und Raum, erlebt eine vierte Dimension und sieht wie er und seine Handlungen Auswirkungen auf die Zukunft haben. Wie sein Geist sogar in der Vergangenheit schon die Grundlagen für sein späteres Handeln legte und schlussendlich diese grausamen Taten erst verursachten.

Abberline entspannt sich mit etwas Alkohol beim Baden.

Comic oder Film?

Was ist nun die bessere Wahl? Der Comic oder der Film? Das muss jeder für sich selbst entscheiden. Wenn ihr jedoch beides wollt, dann solltet ihr eher unvoreingenommen den Film sehen und dann den Comic lesen. Andersherum könntet ihr vom Film zu sehr enttäuscht werden, da dieser die Komplexität und Atmosphäre der Vorlage einfach nicht einfangen kann. Der Film überzeugt mit starken Schauspielern, die ihre Rollen glaubhaft in Szene setzen. Einem tollen Johnny Depp, der in der Rolle von Inspector Frederick Abberline glänzt und von Robbie Coltrane als Sergeant Peter Godley noch übertroffen wird. Alles in einem sehr stimmungsvollen Setting, das zwar hier und da kleine chronologische und historische Fehler enthält, aber insgesamt überzeugen kann.
Im Comic wird dagegen eine farblose Welt präsentiert. Bedeutungsschwanger und von harten Kontrasten geprägt. Zeichner Eddie Campbell verzichtet gänzlich auf Farben und fast komplett auf Grauabstufungen und zeichnet trauriges Abbild jener Zeit. Zwar wird auch im Film nicht mit der Darstellung von Erotik und Gewalt gegeizt, doch der Comic ist weitaus expliziter. Sexuelle Handlungen zwischen den Prostituierten und ihren Freiern sind ebenso selbstverständliche, wie die akurate Darstellung der Morde. Der Leser gewinnt so an Bedeutung, als dass er zu einem Beobachter der Taten ernannt wird. Verdammt zum handlungsunfähigen Zusehen. Mit über 500 Seiten hat die Comicvorlage auch einen beachtlichen Umfang, der aber auch zur Schilderung der Eriegnisse benötigt wird. Abgerundet wird der Band mit umfangreichen Informationen zur Entstehung, sowie zu Einzelheiten innerhalb der Kapitel die von Alan Moore persönlich verfasst wurden.

Offene Darstellung der Sexualität ist keine Seltenheit.

Wer ist der Täter?

Alan Moore liefert hier eine interessante Interpretation um den Mythos von Jack the Ripper. Er präsentiert sogar einen Täter, stellt jedoch klar, dass dies nur seine mögliche Version der Ereignisse ist. Zwar stützt er sich auf vorhandene Publikationen und Ermittlungsergebnisse, doch schlussendlich entspringt vieles dargestellt nur seiner Fantasie. Dennoch ergibt sich in beiden Versionen eine spannende Erzählung und vielleicht ist ja am Ende jeder der Mörder. Die Polizei, weil sie kaum Handlungsspielraum hatte, die geheimen Organisationen, die auch heute noch die Geschicke der Welt lenken, das Königshaus, weil sie den Auftrag gab, die Prostituierten, weil sie alles erst in Gang brachten, oder der Zuschauer/Leser, weil er zum Nichtstun verdammt ist. Vielleicht ist aber auch alles nur ein Spiegel seiner Zeit und nichts davon ist jemals wirklich geschehen, auch nicht in Teilen …

Info Film:

Titel: From Hell
Jahr: 2001
Land: USA
Laufzeit: 117 Minuten
FSK: 16
Regie: Albert & Allan Hughes
Darsteller (Auswahl): Johnny Depp, Heather Graham, Robbie Coltrane, Ian Holm, Ian Richardson, Jason Flemyng, Katrin Cartlidge, Susan Lynch, Lesley Sharp, Annabelle Apsion, Joanna Page, Mark Dexter, Samantha Spiro

Info Graphic Novel:

Titel: From Hell
Autor: Alan Moore
Zeichner: Eddie Campbell (mit Untersützung von Pete Mullins)
Umfang: 16 Kapitel mit Anhang (ca. 600 Seiten)
Veröffentlichungszeitraum: März 1991 bis August 1996 (USA)
Auszeichnungen: Prix de la Critique (2001)

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Ein Kommentar zu “From Hell – Ein Meisterwerk von Alan Moore

  1. Danke für diesen Vergleich. Ich muss zugeben, dass ich den Comic nie gelesen habe. Ich habe ihn mir einmal gekauft gehabt, als ich damals meine Alan Moore Sammlung erweitert habe (bin durch Swamp Thing zu ihm gekommen), aber der Zeichenstil hat mich bisher daran gehindert, das Buch auch wirklich zu lesen.
    Mir ist klar, dass der Zeichenstil an die Zeit angelehnt ist, aber es ist schon sehr strange. Vielleicht sollte ich das jetzt doch mal angehen 😉

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