Ich habe mir vor einiger Zeit die erste Gesamtausgabe von Aldebaran aus dem Epsilon Verlag gekauft. Nun, ich möchte euch meine Meinung zu dieser Ausgabe nicht vorenthalten, viel Spaß damit.
Aldebaran Gesamtausgabe
Aldebaran (Originaltitel: Aldébaran – L‘Intégrale)
Text: Leo, Zeichnungen: Leo, Farben: Leo
- Vorwort: von Jean Giraud/Moebius
- Story: Die Katastrophe („La catastrophe“)
- Story: Die Blonde („La blonde“)
- Story: Das Foto („La photo“)
- Story: Die Gruppe („La groupe“)
- Story: Das Wesen („La créature“)
- Bonus-Material: Skizzen, Covermotive, etc.
Die Aufmachung dieser Ausgabe ist im Hardcoverformat (29,7 x 22,6 cm).
Empfohlen wird diese Ausgabe laut Epsilon Verlag ab 12 Jahren.
Bereits die erste Seite enthält einen interessanten Vergleich zwischen dem Planeten Aldebaran und der Erde. Es werden einem das Klima, die Flora und die Fauna, sowie vulkanische und seismische Aktivitäten im Vergleich, zwischen Erde und Aldebaran nähergebracht. Dadurch erhält der Leser bereits am Anfang ein sehr konkretes Bild des Planeten Aldebaran.
Das Vorwort von Jean Giraud/Moebius (* 8. Mai 1938 in Nogent – sur Marne; † 10. März 2012 in Paris) bringt dem Leser auf nur einer Seite die Großartigkeit der vorliegenden Gesamtausgabe, dessen Story und Zeichnungen, sowie den allgemeinen Unterhaltungswert, näher.
Sieben weitere Seiten stellen skizzenhaft die Hauptpersonen von Aldebaran vor. Danach werden einem die Aldebaran Cover der einzelnen Ausgaben gezeigt.
Bevor es dann losgeht mit der Geschichte, wird der Leser anhand der chronologischen Reihenfolge der Ereignisse, mit der Welt von Aldebaran und der aktuellen Situation vertraut gemacht.
Es folgt ein kurzer Einblick in die sehr interessante Tierwelt von Aldebaran. Dies ist sehr hilfreich um nützliche Informationen über diese teils noch unbekannten Wesen zu bekommen.
Vor und nach jeder Geschichte erfährt der Leser etwas über diese fremdartigen Wesen.
In der ersten Story (Die Katastrophe „La catastrophe“) geht es kurz zusammengefasst um folgendes:
Aldebaran ist der erste erdähnliche Planet, der mit 1500 Menschen besiedelt wird. Es bildet sich eine erste Kolonie außerhalb unseres Sonnensystems. Nach mehreren Unglücken bricht der Kontakt mit der Erde ab. Auch nach über 100 Jahren scheint es keinen neuen Kontakt zwischen Aldebaran und der Erde zu geben. Dies ist die Ausgangssituation, bevor es auf Aldebaran zur Katastrophe kommt.
Merkwürdige Geschehnisse ereignen sich in dem kleinem Fischerdorf nahe der Arena Blanca.
Etwas grausames scheint in Gang gesetzt zu sein, was letztendlich das Fischerdorf zerstört.
Nur wenige Menschen haben diese Katastrophe überlebt. Unter ihnen Marc Sorenson, die Schwestern Nellie und Kim Keller, sowie der mysteriöse Biologe Driss Shediac, der ohne Erfolg versucht hatte, dass Fischerdorf vor der großen Katastrophe zu warnen.
Driss Shediac scheint jedoch weitaus mehr über diese unheimlichen Geschehnisse zu wissen als er preisgibt. Nach der Zerstörung des Fischerdorfes beschließt Marc nach Port Simon zu gehen, um dort als Matrose anzuheuern. Was er nicht weiß, Kim hat sich ihm heimlich angeschlossen.
Interessant ist, dass Marc Sorenson (17 Jahre) in Nellie Keller (16 Jahre) verliebt ist. Nellies Schwester ist erst 13 Jahre alt und demnach mitten in der Pubertät. Jedoch wirkt es oft so, als ob Kim ihrem Alter geistlich und gedanklich bereits weit voraus ist.
Marc hat größtenteils nur Nellie im Kopf, und auch sonst in seinem Alter nicht viel anderes als Frauen, ein wenig Brüste und Liebe. Leider scheint es so, als habe Marc nicht so die besten Chancen bei Nellie. Kim provoziert viel und ist eher ein nerviges junges kleines, aber dennoch schlaues 13 – jähriges Mädchen. Diese erste Geschichte dreht sich neben der interessanten Handlung dementsprechend viel auch um das Gefühlschaos des erwachsenen werden.
Zeichnerisch habe ich nichts auszusetzen. Mir gefällt es sehr gut. Ich finde die Zeichnungen passen zu der Geschichte und vor allem zum Planeten Aldebaran. Es ist erstaunlich, was für eine Tierwelt Leo (Autor) erschaffen hat. Allein diese interessanten Wesen machen den Band bereits sehr interessant. Ein Kritikpunkt bei den Zeichnungen könnte sein, dass die Darstellungen eventuell für den ein oder anderen zu flach bzw. zu einfach daherkommen. Dies würde man am ehesten bei der sparsam vorhandenen Mimik der Protagonisten bemerken.
In der zweiten Story (Die Blonde („La blonde“) machen Kim und Marc Sorenson Bekanntschaft mit der geheimnisvollen Alexa, die Freundin von Driss Shediac.
Kim und Marc Sorenson haben auf einem Schiff angeheuert, welches sie in die Hauptstadt von Aldebaran bringen soll. Die Hauptstadt Anatolia weckt in Kim und Marc ungeahnte Sehnsüchte. Jedoch merken beide sehr schnell, dass es bis nach Anatolia noch ein harter und steiniger Weg sein wird. Unerwartete Geschehnisse auf dem Schiff nehmen ihren Lauf, und beide müssen das Schiff direkt verlassen, mitten auf dem Meer. Am Strand angespült, erwarten Kim und Marc ewig lange Strände Letztendlich können sie den Gefahren widerstehen und lernen auf ihrer Reise
Jose kennen, der im weiteren Verlauf der Handlung wieder auftaucht. Endlich in einer kleineren Stadt angekommen, scheint sich die Lage zu beruhigen. Doch der Schein trügt, treffen doch genau in dieser Stadt Marc und Kim auf die geheimnisvolle Alexa. Es kommt wie es kommen muss, Marc und Kim werden getrennt. Alexa ist nun in Anwesenheit von Marc auf der Flucht vor ihren neuen gemeinsamen Verfolgern. Kommen Marc und Alexa sich auf der Flucht näher? Können sie gemeinsam ihren neuen Verfolgern entkommen? Und all das scheint noch nicht genug, wird Alexa auch noch schwer verletzt. Letzten Endes trennen sich ihre Wege wieder, Marc wird geschnappt und verhaftet. Interessanterweise trifft er in dem unheimlichen Luftschiff, welches ihn ins Gefängnis bringen soll wieder auf Kim, die ebenfalls wie er, gefangengenommen wurde.
Spannend und interessant geht die Handlung weiter. Waren im ersten Teil eher die Interaktionen und die Landschaftsbeschreibungen wichtig, so nimmt dieser Band immer mehr Fahrtwind auf. Das will heißen, dass immer mehr Actionelemente Einzug nehmen. Leo schafft es in diesem Band gekonnt, die actionlastigen Passagen mit den inneren Entwicklungen der Hauptprotagonisten zu kombinieren. Man bekommt überhaupt nicht das Gefühl von Langeweile zu spüren, oder gar von Altbekanntem wieder neu aufgelegt. Die Meereswelt ist weiterhin genial beschrieben und dargestellt. Die Zeichnungen bleiben auf demselben hohem Niveau wie im ersten Band.
Die dritte Story hat mir sehr gut gefallen. Band Drei, das Foto („La photo“) ist sehr spannend geschrieben.
Kim und Marc sind bereits seit über drei Jahren im Gefängnis.
Anfangs scheint es noch aussichtslos dort zu entkommen, doch wie das Schicksal so will, hilft Marc ein altbekannter Kauz aus dem ersten Band bei der Flucht.
Endlich in Anatolia angekommen trifft Marc erneut auf Kim. Die Ereignisse überschlagen sich. In Anatolia treffen alle Protagonisten, die wichtig für die
Handlung sind, aufeinander. Alte und auch neue Charaktere werden glaubwürdig in die Geschichte eingeführt. Die Entwicklung vom Kind zum Teenager, die Entwicklung vom jugendlichen zum erwachsenen Mann, mit all dem wird der Leser konfrontiert. Sexuelle Erfahrungen werden gemacht, Liebe spielt eine Rolle, Eifersucht ist auch nicht weit entfernt. In Anatolia bemerkt der Leser sehr deutlich, wie bedeutend die Politik der Regierung ist. Frauen sollen möglichst viele Kinder bekommen, um den Fortbestand der Menschheit auf Aldebaran zu garantieren.
Langsam aber deutlich wird der Leser auf das Foto hingewiesen. Dieses gilt es in Band Drei zu entschlüsseln. Der Leser will bereits am Anfang erfahren, was es mit diesem Foto auf sich hat, doch Leo lässt einen bis zum Schluss warten. Die Spannung steigt zwischendurch wirklich bis ins unermessliche. Die Seiten fliegen nur so vor sich her, bis auf der letzten Seite das Geheimnis endlich gelüftet wird. Von vornherein ist dem Leser klar und deutlich, dass dieses Foto etwas mit Alexa und Driss Shediac zu tun hat. Doch die Auflösung dieses Bildes gibt der gesamten Handlung einen neuen interessanten Rahmen, mit der wirklich niemand vorher gerechnet hat. Mir hat der dritte Teil sehr gut gefallen.
Der vierte Band, die Gruppe („La groupe“) gibt dem Leser Hintergrundwissen. Zumindest wird in dem vierten Band darauf hingearbeitet, ein Verständnis für die vorherigen Ereignisse und Geschehnisse geben zu können.
Driss und Alexa wollen eine neue Gruppe von Eingeweihten bilden, zu der auch Marc und Kim, sowie deren Freunde gehören. Das wohl behütete Geheimnis von Driss und Alexa wird der neuen Gruppe anvertraut. Es hat den Anschein, dass dieses Geheimnis etwas mit einem riesigem Meeresbewohner zu tun haben könnte (Mantrisse). Dieses Rätsel gilt es nun zu lösen. Jedoch ist auch die Regierung, sowie eine weitere geheime Gruppierung, an der geheimnisvollen Mantrisse interessiert. Driss und seine Gruppe scheinen einen strategischen Vorsprung zu haben, aber sie werden von den Regierungstruppen und der geheimnisvollen dritten Gruppierung verfolgt. Auf einem alten Luftschiff treffen die Gruppierungen aufeinander und es kommt zum actiongeladenem Showdown, zumindest in diesem Band.
Leo ködert den Leser, mit halbgaren Antworten für das große Finale, im fünften abschließenden Band. Das macht gewaltig Lust auf mehr, die Spannung ist enorm hoch. In diesem Band entwickelt sich eine hintergründige Story, welche alle Charaktere glaubwürdig mit einbezieht.
Zeichnerisch ist alles weiterhin auf gewohnt hohem Niveau. Leo scheint Hektik im Comic nicht so zu mögen, wirken seine Panels auf den Leser doch eher ruhig und geordnet. Dennoch schafft es Leo, eben in diesen ruhigeren Panels, gekonnt Actionelemente unterzubringen.
Interessant in diesem Band ist, dass Leo trotz mehrerer Handlungsstränge nicht den Überblick der Protagonisten verliert. Immer wieder wird zwischen den Handlungsorten, den Geschehnissen und den Protagonisten gewechselt. Dem Leser werden vorher unbekannte Ereignisse geschickt näher gebracht. Das schafft Leo aber immer so, dass es keineswegs abgebrochen wirkt. Vielmehr fügt sich am Schluss alles zu einem sensationellem, für diesen Band genialen, Showdown zusammen.
Einen für den Verlauf sicherlich relevanten Auftritt in dieser Geschichte, bekommen zum Schluss die Erdbewohner. Dies lässt die Spannung noch einmal um einiges ansteigen. Werden die Hoffnungen der Bewohner von Aldebaran, dass die Erdbewohner es endlich schaffen Kontakt mit ihnen herzustellen, erfüllt? Ob die Hoffnungen wahr werden, wird sich dann sicherlich im abschließenden fünften Band herausstellen.
Mit Das Wesen („La créature“) beendet Leo seine Serie rund um Aldebaran und setzt gleichzeitig damit den Grundstein für den nachfolgenden Teil Betelgeuze.
Bevor es zum Showdown mit der Mantrisse (dem sagenhaftem Meeresbewohner) kommt, müssen unsere Gefährten erst einmal die sehr gefährlichen Sümpfe überleben. Dies stellt sich als äußerst schwierig heraus, lauern doch hinter beinahe jeder Ecke seltsame Wesen auf sie. Einige der seltsamen Tiere sind unseren Freunden jedoch freundlich gesinnt, aber viele andere wiederum sind fleischfressende Raubtiere. Die Sümpfe von Aldebaran stellen alle Protagonisten auf eine harte Probe, es ist nicht sichergestellt, dass alle sie lebend verlassen werden.
Alle Regierungsmitglieder und letztendlich die „Feinde“ unserer Gefährten, treffen ein letztes Mal auf dem Meer zusammen. Hier kommt es zum Showdown mit dem sagenumwobenem Meerestier, der Mantrisse.
Der Leser hat bereits erfahren, welche ungeahnten Möglichkeiten sich der Menschheit bietet, wenn sie sich die lebensverlängernden Perlen zu Nutze machen könnten. Mit diesen Perlen der Mantrisse scheint man zu guter Letzt unsterblich zu sein.
Und als seien diese Ereignisse noch nicht ausreichend genug, landen die Erdbewohner auf Aldebaran.
Wird sich die politische Macht neu verteilen? Wie wird es weitergehen. Was passiert mit dem Wissen rund um die Mantrisse?
Alles in allem bietet die Aldebaran Gesamtausgabe einen rundum gelungenen Abschluss, der neugierig auf den folgenden Teil Betelgeuze macht. Ich habe alle Storys in dieser Gesamtausgabe richtig genießen können. Es hat mir große Freude gemacht, am Stück an der Geschichte teilhaben zu können. Sie ist rasant, spannend, nicht zu komplex und vielseitig, lässt viel Raum für die Entwicklungen der Protagonisten über und wirkt in sich abgeschlossen und authentisch. Wer sich mit den Zeichnungen anfreunden kann, und nicht davor zurückschreckt, Charakterentwicklung mitzuerleben (sehr stark in den ersten Bänden, zum Schluss wird es etwas weniger), ruhige Momente und actionlastige Momente in Kombination, sowie offen und neugierig für eine Geschichte die in der Zukunft spielt ist, der wird an der Aldebaran Gesamtausgabe und sicherlich auch an den folgenden Ausgaben von Leo hellauf begeistert sein.
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