Heute präsentiere ich euch eine Geschichte in zwei Versionen. Dennoch wird es nicht dasselbe sein. Und das nicht nur, weil es zwei verschiedene Autoren gibt …
Vince und Race, Vater und Sohn. Beide gehören der Bikergruppe The Tribe an und ihr Verhältnis zueinander ist alles andere als herzlich. Eher eisig. Während einer Fahrt, an deren Ende sie sich Geld wieder holen wollen, um das sie sich betrogen fühlen, kreuzt die Motorradgang den Weg eines Truckers. Anfangs scheint alles noch ein Zufall zu sein. Das Treffen an der Tankstelle und auch das Überholmanöver auf der Landstraße. Doch als der Truck kurz darauf beginnt die ersten Biker gnadenlos von ihren Maschinen zu holen und ihre Körper sehr unsanft auf der Straße zu verteilen, beginnt eine halsbrecherische Jagd um Leben und Tod, an dessen Ende es nur einen Sieger geben kann …
Ein Mann auf einer Geschäftsreise. Er hat es eilig. Plötzlich findet er sich hinter einem schleichenden Tanklaster wieder. Weil die Fahrt hinter dem Laster noch länger dauern würde, und somit der bevorstehende Termin gefährdet werden könnte, überholt er den Truck. Alles scheint in Ordnung, bis der Laster wieder hinter ihm auftaucht und den verstörten Reisenden lauthals überholt. Ab diesem Moment wird es für den Geschäftsmann gefährlich, denn der Trucker scheint es auf sein Leben abgesehen zu haben.

Ein Trucker gegen eine Gruppe von Bikern. Wer hat wohl die besseren Chancen?
Im Grunde handelt es sich bei den beiden Stories um zweimal die mehr oder weniger gleiche Geschichte. Doch um das zu verstehen, muss ich etwas weiter ausholen. Die Basis für beide Stories bildet die Kurzgeschichte „Duell“ von Richard Matheson. In dieser wird ein ahnungsloser Handelsreisender von einem Truck grundlos belästigt und mehrfach in lebensgefährliche Situationen gebracht. Während es sich bei der zweiten Geschichte um eine direkte Adaption eben dieser Kurzgeschichte handelt, wurde die Erste von Stephen King und seinem Sohn Joe Hill neu arrangiert. Der Grundgedanke ist zwar noch immer der, dass ein Trucker eine Gefahr darstellt, aber das Opfer ist kein Handlungsreisender. Stattdessen wurde eine Gruppe von Motorradfahrern gewählt, von denen auch noch beide, wie King und Hill, eine familiäre Bindung aufweisen. Da ist es nur logisch, diese beiden Geschichten direkt gegenüberzustellen. Doch im direkten Vergleich zieht King mit seinem Sohn diesmal den Kürzeren. Das liegt aber nicht etwa daran, dass Kings Interpretation schlecht ist, sondern vielmehr daran, dass Mathesons Version einfach mehr Spannung und Tiefgang bietet. Während bei King vielmehr die Gewalt an sich im Vordergrund steht, und für jede Handlung eine Begründung gesucht wird, bleibt das Original von Richard Matheson psychopathischer und mysteriöser. Hier hat der Trucker keinen offensichtlichen Grund für sein Handeln, und auch explizite Gewaltdarstellungen sucht man hier vergebens. Die Angst und Dramatik spielt sich vielmehr im Kopf ab.

Hier spielt sich die Angst im Kopf ab.
Visuell ist der Band auf ganzer Linie ein wahres Highlight. Sowohl die grafische Umsetzung der King-Adaption von Nelson Daniel als auch das von Rafa Garres visualisierte Original überzeugen mit vielen Details und stimmungsvollen Bildern. Bei der Version von King, „Vollgas“, bestimmen klar strukturierte Linien und große Flächen das Gesamtbild. Schatten und Abstufungen werden hierbei vor allem durch die Koloration erzeugt. Dem gegenüber steht „Duell“ von Matheson. Hier sind die Bilder wesentlich düsterer und zeugen von einer gewissen Verzweiflung, die den Hauptdarsteller David Mann von dem Moment an begleitet, an dem sich sein Weg mit dem des Truckers kreuzte. Und dies schafft Rafa Garres mit seinem kantigen Stil perfekt einzufangen. Das bewirkt er vor allem durch sehr viele Schraffuren, ungewöhnlich viele Linien in verschiedenen Strichstärken, und nur sehr wenig freien Flächen. So unterschiedlich, wie die Geschichten trotz der gemeinsamen Basis sind, so verschieden sind auch die Grafikstile.

Die Beweggründe bleiben bei „Duell“ ungeklärt.
FAZIT:
Auch wenn man streng genommen zweimal das Gleiche vorgesetzt bekommt, stellt sich keine Übersättigung ein. Dies liegt vor allem darin, das die erste Geschichte, die Version von Hill/King, eher eine Art Vorspeise darstellt. Duell hingegen ist dann das eigentliche Hauptgericht und das schmeckt vorzüglich. Wenn man dann noch Lust auf eine Nachspeise hat, kann man sich die zusätzlichen Texte von Stephen King, Joe Hill und Chris Ryall zu Gemüte führen, die den Band als Gesamtwerk sehr gelungen abrunden. Dieser Band ist eine Empfehlung für alle Fans des gepflegten Grusels. Vor allem wenn es darum geht, abseits der reinen Splatter und Gore-Genres, gut unterhalten zu werden.

Bei Vater/Sohn, King/Hill, geht es schon deutlicher zur Sache.
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